Die Weine der Sommelier Edition sind seit über zehn Jahren Teil der Identität der Sommelier Union Austria. Wir bitten Sommelières und Sommeliers vor den Vorhang und sprechen mit ihnen über ihr aktuelles berufliches Leben und das Spannende am Foodpairing mit Weinen der Sommelier Edition.
Sommelier Union Austria (SUA)
Liebe Janine, freut uns sehr, dass du dir Zeit für uns nimmst!
Janine Müllner
[Lacht] Hat wohl etwas gedauert, bis unser Termin zustande gekommen ist. Dabei sollte man eigentlich meinen, die Gastro-Menschen hätten im Lockdown eh viel zu viel Zeit.
SUA
Apropos leidiges Thema Lockdown; wie sieht es in eurem Wiener Lokal damit aus? Ihr seid ja erst vor gut einem Jahr gestartet und hattet bald länger zu, als auf?
J.M.
In der Tat gibt es das „Boxwood“ erst seit Februar 2020, unser Baby hatte also unlängst sein Einjähriges. Wir machen das Beste aus der Situation und nutzen die Zeit für Neugestaltungen und Mitarbeiter-Schulungen. Daneben bietet unsere Küche ein pfiffiges Take-Away Programm getreu dem Motto „um die Welt Reisen“. Gäste können sich in einer Woche ungarisches „Lángosh“ schmecken lassen, ein andermal gibt’s dann beispielsweise „Schweinsstelzen-Stanitzl“ mit Coleslaw. Unser Inhaber hat niemanden gekündigt, aktuell sind wir alle auf Kurzarbeit.
SUA
Diese Gerichte klingen köstlich wie spannend! Kannst du uns kurz das Konzept des Boxwood näherbringen?
J.M.
Unser Restaurant versteht sich als legerer Ganztages-Treffpunkt in dem du vom vormittäglichen Brunch auf unserer kleinen Terrasse bis hin zum gepflegten Cocktail am späteren Abend jederzeit einkehren kannst.
SUA
Das bedeutet also Ganztagesküche?
J.M.
Sozusagen. Unser Küchenstil ist Österreichisch mit mediterranem Einschlag. Zu uns kommst du weniger für ein Degustationsmenü mit Weinbegleitung, sondern beispielsweise zum gepflegten Mittagstisch oder auf ein, zwei Teller am Abend.
SUA
Büro-Mitarbeiter die bei euch Mittag machen, werden eher nicht ein Glas Wein zu ihrem Business-Lunch genießen. Wie wichtig ist dir der alkoholfreie Part euerer Getränke-Auswahl?
J.M.
Sehr wichtig! Es muss ja nicht immer Alkohol sein! Als Sommelière wird man primär natürlich mit Wein assoziiert. Nichts desto trotz deckt die Ausbildung den gesamten Getränke-Sektor und noch mehr ab. Es kommt also darauf an, was du in deinem Lokal daraus machst!
SUA
Gemischte, aber auch komplett alkoholfreie Getränkebegleitungen sind in vielen Restaurants mittlerweile ja sehr en vogue. Womit setzt du im Boxwood dahingehend Akzente?
J.M.
Wenn du deinem Gast etwas „Hausgemachtes“ anbieten kannst, weckst du per se schnell Interesse. Ich bin bemüht, stehts ein paar Limonaden und Eistee aus eigener Produktion auf unserer Karte zu haben. Die Sirupe und Limos fallen bei mir tendenziell eher Säure-betont aus und sind dadurch äußerst süffig. Wer es lieber noch fruchtiger mag, dem bereiten wir auch frische Smoothies und Energy-Shots zu. Unser Sortiment erfreut sich großer Beliebtheit, auch sind die Gäste ohne wenn und aber bereit, einen angemessenen Preis für handwerklich hergestellte Getränke zu bezahlen. Was mir ebenfalls wichtig ist: ein qualitativ hochwertiger Kaffee muss sein!
SUA
Lass uns nun dem Wein zuwenden. Wie hast du deine Passion hierzu entdeckt?
J.M.
Entdeckt ist vielleicht nicht ganz das rechte Wort. Während meiner Lehre in der St. Martins Therme hat mein damaliger Vorgesetzter und Mentor Bradley Knowles gewissermaßen Fakten für mich geschaffen in dem er mich eines Tages mir nichts, dir nichts in den Österreich-Sommelier-Kurs gesetzt hat. Im Nachhinein bin ich dankbar, ins kalte Wasser gestoßen worden zu sein. Nach der Lehre zog es mich nach Wien zu verschiedenen Stationen wie dem Kussmaul oder auch dem Moto am Fluss, bis hin zu meiner heutigen Stelle als Restaurantleiterin im Boxwood.
SUA
Auf eurer Weinkarte widmest du dich verstärkt dem Thema Natural und Orange-Weine.
J.M.
Das ist richtig. In Österreich gibt es so viele großartige Bio- und Bio-Dyn-Winzer, aus deren Portfolio wir gerne schöpfen. Dies bedeutet jedoch kein Dogma. Wir schenken aus, was uns schmeckt; wie zum Beispiel der St. Laurent Sommelier Edition vom Johanneshof Reinisch.
SUA
Was begeistert dich an diesem Wein und wozu würdest du ihn empfehlen?
J.M.
Das Weingut durfte ich zum ersten Mal im Rahmen einer Sommelier-Exkursion besuchen. Ich begeistere mich für alle Weine aus dem Hause Reinisch und finde insbesondere, dass die Brüder es verstehen, Lagen auszuarbeiten. St. Laurent und Thermenregion passen einfach perfekt zusammen, die Rebsorte fühlt sich dort sehr gut aufgehoben. Ich biete den St. Laurent Sommelier Edition gerne zu gebratener Ente an, beispielsweise in Kombination mit verschiedenen Rübengemüse, Ribisel und Mandel. Durch die Fasslagerung hat der Wein eine leichte Marzipannote, ebenso vermählt er sich mit den erdigen Aromen der Rüben und pariert auch die spitze Säure der Ribiseln ausgezeichnet. Generell bietet sich dieser Wein zu Kurzgebratenem an. Last but not least hat die Geschichte hinter diesem Wein tolles Storytelling-Potential. Es freut die Gäste, dass sie mit dem Bestellen der Sommelier Edition Austria Weine aktiv den Nachwuchs fördern.
SUA
Wo bezieht ihr eure Weine?
J.M.
Viele unserer Weine beziehen wir gemeinsam mit unserem Schwester-Restaurant Buxbaum über die Firma Morandell; so auch die Sommelier Edition von Familie Reinisch. Die Natural Nische bedient hingegen ein Weinhändler namens „Weinskandal“.
SUA
Fühlst du dich gut in der Sommelier Union Austria aufgehoben?
J.M.
Als gebürtige Burgenländerin bin ich natürlich Mitglied im Burgenländischen Sommelierverband. Die Kolleginnen und Kollegen dort sind sehr engagiert und organisieren tolle Verkostungen. Selbiges Kompliment darf ich natürlich auch dem Wiener Landesverband geben. Darüber hinaus ist das Österreichweite Netzwerk sensationell. Ich kann also jedem Nachwuchs-Sommelier nur ans Herz legen, sich seinem Landesverband anzuschließen.
SUA
Vielen Dank für die lobenden Worte und das Gespräch!